"Wir haben hier eine Anpack-Mentalität kennengelernt. Dieses 'Machen wir halt einfach mal', das trifft man hier."

Bernd Buchholz im Gespräch mit Stefanie und Lars Holger Engelhard.

Stefanie und Lars Holger Engelhard sind Gründer des Start-ups Unleash Future Boats. Mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz spricht das Ehepaar über mit Wasserstoff angetriebene Schiffe, mit welchen Herausforderungen Start-ups zu kämpfen haben und weshalb Schleswig-Holstein für sie der perfekte Ort für die Gründung war.

 

 

 


 

 

Bernd Buchholz: Moin aus Kiel und herzlich Willkommen zu einer weiteren Folge meines Podcasts „Echte Chancen“. Mein Name ist Bernd Buchholz, ich bin Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und treffe in diesem Podcast auf Menschen, die irgendwie was anderes machen, irgendwie nicht so sind, wie man sich die Schleswig-Holsteinerin oder den Schleswig-Holsteiner vorstellt. Und heute sitzen mir Menschen gegenüber, die sind ja auch gar keine Schleswig-Holsteiner, die sind ja ursprünglich ganz woanders her. Vor mir sitzen Stefanie und Lars Engelhard. Herzlich Willkommen.

Stefanie Engelhard: Hallo!

Lars Engelhard: Hallo! Schön hier zu sein.

Sie beide kommen woher eigentlich? Wo sind Sie geboren?

Stefanie: Absolutes Oberbayern. Obwohl ich das fränkische rollende „R“ meiner Eltern habe (lacht). Aber Oberbayern, dort auch aufgewachsen, studiert dann in Nürnberg.

Und Sie, Herr Engelhard?

Lars:  Niederbayern, Landshut.

Also Oberbayern und Niederbayern. Jetzt wird es bayerisch. Das hat ja mit Moin und Schleswig-Holstein herzlich wenig zu tun. Sie müssen ein bisschen erzählen, wie Sie in den Norden gekommen sind.

Stefanie: Ja, also es war eine unternehmerische Entscheidung, weil hier einfach die Parameter passen. Also hier ist Infrastruktur vorhanden. Das bedeutet nicht nur Autobahnen und auch Flughäfen, also hier ist ja der Hamburger Flughafen aber auch natürlich Billund und Sønderborg, sondern halt auch Glasfaser. Und das war eins der größten Gründe, warum wir hierhergekommen sind.

Es klingt wie Musik in meinen Ohren, dass ein Wirtschaftsminister sagen kann, wir haben eine Infrastruktur, die dazu geführt hat, dass man sich hier oben ansiedelt. Damit können wir jetzt eigentlich zumachen –  nein, jetzt mal aber zurück, weil das ist ja eine Unternehmensentscheidung und Sie beide haben eine Firma gegründet. Eine Firma, die einen wohlklingenden Namen hat, den ich immer noch erst wieder neu … „Unleash Future Boats“. Meine Güte. Was macht Unleash Future Boats?

Lars: Unleash Future Boats baut emissionsfreie, autonome Boote und Schiffe. Das ist die Kernbotschaft von Unleash Future Boats. Wir haben uns entschlossen, die maritime Wirtschaft ein Stück weit in die Zukunft zu führen und dafür auch Verantwortung zu übernehmen, und verbinden damit unsere Leidenschaft für das Wasser, was uns ebenfalls neben den wirtschaftlichen Parametern in den Norden geführt hat, ebenso wie die Erfahrungen, die wir aus über 15 Jahre Automobilentwicklung bei Audi und VW mitbringen durften.

Jetzt bildet sich ein Bild hier gerade ab: Also zwei Bayern aus Ober- und Niederbayern, die in ihrer beruflichen Bildung erstmal was gemacht haben? Haben Sie studiert? Ja, wahrscheinlich.

Lars: Ja.

Stefanie: Ja, Elektrotechnik. Also ich habe Elektrotechnik mit Fachrichtung Nachrichtentechnik.

Und wo haben Sie studiert?

Stefanie: In Nürnberg, das haben wir in uns auch kennengelernt.

In Nürnberg, in Mittelfranken. Ich habe mal in Erlangen studiert, das hört man zum Glück nicht.

Stefanie: lacht

Man studiert im Süden. Man hat plötzlich aber dann doch irgendwie, ja, also technische Studiengänge, sind beide technikaffin.

Stefanie: Richtig.

Das ist, Frau Engelhard, für Sie dann schon irgendwie, ja, heute muss man es immer noch leider sagen: Für eine Frau irgendwie besonders immer noch.

Stefanie: Ja, richtig, richtig. Es waren drei Studentinnen und 500 Studenten, die da angefangen haben. Und, aber es war für mich nie ein Thema, dass ich da eine der wenigen Frauen bin.

Jetzt müssen wir über dieses Thema ganz reden, weil ich hätte so gerne viel mehr Frauen in technischen Berufen. Woran liegt es, dass viele Frauen da irgendwie nicht hinstreben?

Stefanie: Es ist viel, viel Erziehungssache. Es wird viel den Mädchen auch abgesprochen und das ist so ein bisschen, wenn das Mädchen ein bisschen dumm ist in Mathe, dann ist das eigentlich okay. Obwohl viele, ich habe viele, wirklich viele Frauen kennengelernt und auch Mädchen, die sehr, sehr begabt sind. Aber es wird häufig abgesprochen und es fehlen halt die Vorbilder. Also ja, wir haben jetzt eine Kanzlerin, die auch Physik studiert hat, aber es fehlt einfach noch daran.

Sie sind ja jetzt auch ein Vorbild, weil eine junge Frau, die ein technisches Studium gemacht hat und dann eine Firma daraus mitgründet, das ist ja durchaus vorbildlich. Liegt es auch ein bisschen daran, dass Frauen irgendwie mehr Zweifel haben als Männer offensichtlich an ihren eigenen Fähigkeiten?

Stefanie: Also da brauchen die Frauen oder die Mädchen mehr Unterstützung, dass sie sagen, dass sie gesagt bekommen: Hey, du kannst das. Du hast ein Talent in Mathematik, in Informatik und man kann das auch ausbauen. Und jeder, jede Fähigkeit, die man hat, ist ja eigentlich auch eine Verantwortung. Und das lassen viele Mädchen leider ein bisschen liegen.

Dann waren bei Ihnen beiden die ersten Stationen aber Automobilindustrie.

Lars: Richtig. Also ich hatte mich in meinem Studium bereits selbstständig gemacht und Erfahrungen gesammelt in…

Und zwar womit haben Sie sich selbständig gemacht?

Lars: Ich habe reine Software entwickelt zu dem Zeitpunkt. Ich habe mich für Elektrotechnik entschieden und gleichzeitig auch ein Informatikstudium angekoppelt. Weil mir es wichtig erschien, zum damaligen Zeitpunkt beides zu verbinden, Hardware und Software. Eines alleine ermöglicht einem nicht wirklich neue Dinge von Grund auf neu zu erschaffen. Und das erste Unternehmen war tatsächlich in der Software, um da nochmal meinen Schwerpunkt weiter zu vertiefen, weil ich ursprünglich eher aus der Hard-Entwicklung kam als Funkamateur.

Sie beide jedenfalls haben dann irgendwann mal gedacht: Jetzt Automobilindustrie. Also gleichzeitig übrigens oder nacheinander oder haben Sie sich dann…weil, wenn Sie sich im Studium kennengelernt haben, dann fragt man sich ja, also so parallel war der Weg nicht. Er hat eine Firma gegründet, Sie haben…?

Stefanie: Ich war eher in der Richtung Hardware unterwegs, auch in Richtung Halbleiter-Hochfrequenztechnik und bin dann eben bei Audi in der Antennen-Abteilung gelandet, würde ich mal sagen. Ich hatte nie vor die Automobilindustrie zu gehen, aber es kam (lacht).

In der Antennen-Abteilung. Wie das klingt, ist ja auch ganz besonders. Und Sie, Herr Engelhard?

Lars: Ich bin zu Audi gekommen, weil Audi mich angesprochen hatte aus meinem eigenen Unternehmen heraus.

Wir haben bestimmte Stränge bei Ihnen jetzt und wir wissen jetzt die Technikaffinität, die im Studium da war. Wir wissen, dass das alles irgendwie etwas mit Mobilität zu tun hatte bei Ihnen da auch in diesem Konzern. Es fehlt ein drittes Element: Das Wasser. Wo, woher kommt die Leidenschaft für Wasser?

Stefanie: Ja, wir haben schon im Studium das Segeln gelernt und wir sind auch immer zur Ostsee gefahren zum Segeln, weil es einfach, das ist ja ein tolles Revier und die Leute sind nett und wir haben halt auch die Mentalität hier kennengelernt, dass ist dieses, diese Anpack-Mentalität. Dieses, zum Beispiel das Thema Glasfaser: Teilweise wurde da nicht die Glasfaser bis zum letzten Bauernhof gelegt und dann haben die selbst einen Bagger geholt und haben das Loch geschaufelt und die Glasfaser reingeworfen. Also so dieses „Machen wir halt einfach mal“, das trifft man hier.

Da entsteht eine Segel-Leidenschaft und da entsteht eine Wasser-Leidenschaft. Und jetzt muss irgendwann mal eines Tages auch noch dazukommen, dass man eine Idee hat, eine Firma zu gründen, um damit etwas anders zu machen. Wie ist diese Idee entstanden?

Lars: Wir hatten viele tolle Ideen tatsächlich hier oben beim Segeln und wir haben uns natürlich auch immer die Frage gestellt: Wie lässt sich das, was wir im Fahrzeug tun, auch auf neue Bereiche, Luft und Raumfahrt, aber auch im maritimen Bereich übertragen? Und wenn man dann so tief in der Materie drin steckt und auch Wochen hier mit Segeln verbringen darf, dann fängt man an das zu erproben und tastet sich ran und überlegt dann letztlich: Wenn es uns hier so gut geht, warum fahren wir wieder zurück? Und das sind alles diese, diese Punkte, die dann zusammentreffen, die einen dann überlegen lassen: Mensch ne, 700 Kilometer Fahrt zurück, warum eigentlich?

Naja, wenn man dann auch noch eine unternehmerische Standortentscheidung für ein zu gründendes Unternehmen hat. Sie müssen trotzdem nochmal sagen: Die Idee, nach dem Motto „Wir hatten so viele gute Ideen“, aber irgendeine ist ja dann, hat man dann auch zur Firma gemacht. Und die Idee ist, nochmal auf den Punkt gebracht, ein Boot, ein Schiff zu schaffen, das emissionsfrei und möglichst autonom unterwegs sein kann.

Stefanie: Richtig. Genau. Und das aber auch dann in Teile geschnitten einzeln verkauft werden kann, damit sich das dann auch rechnet am Schluss. Also das heißt…

Das müssen Sie nochmal erklären. Sie wollen ein Boot in Teile schneiden und einzeln verkaufen, oder…?

Stefanie: Ja. Naja, zum Beispiel…

Das muss ja weiter schwimmen, nech. Der geübte Praktiker sagt jetzt: Also in Teile schneiden – nicht so hübsch.

Stefanie: Naja, dass man die einzelnen Systeme extra verkauft.

Also so eine modulare Bauweise…

Stefanie: Ja, richtig.

…die Sie da aus der Automobilindustrie mitgebracht haben.

Stefanie: Ganz genau.

Lars: Absolut.

Weil, die ganze Philosophie der Automobilindustrie dieses Modulare ist, wo man möglichst viel modular für unterschiedliche Plattformen verwenden kann, um dann darauf aufzubauen. Das ist auch die Idee in Ihrer Firma jetzt?

Lars: Absolut. Wir hatten selber auch gesehen beim Segeln, als wir Flottenboote zerlegt haben, um aus drei wieder ein funktionierendes zu machen, dass der Ansatz zwar ab und zu erprobt wurde, aber nie konsequent durchgeführt wurde und das war für uns aus der Historie heraus unvorstellbar. Und so sind wir auf die Idee gekommen, das Drehbuch neu zu schreiben, zu sagen: Wir starten mit einem leeren Blatt Papier und sagen, wenn wir ein Boot entwickeln, mit den technologischen Fähigkeiten, mit unserem Hintergrundwissen, wie würde das aussehen? Und da haben wir, glaube ich, viel auf den Kopf gestellt.

Nun würde der geneigte Leser zuerst mal sagen: Also das klingt jetzt nach einer sehr schönen Geschichte, könnte ganz viel Geld kosten. Aber wer soll das denn kaufen? Also jetzt ehrlich gesagt, wo sehe ich da die unternehmerische Perspektive eigentlich?

Stefanie: Das kommt immer darauf an, über was man spricht. Also zum Beispiel diese nachhaltigen Antriebe sehe ich als erstes in dem Markt der B2B. Das heißt aber sowas, wie ein Fischer oder auch Fähren, dass die umgerüstet werden von den dreckigen Dieselmotoren, will ich mal sagen, in elektrische Antriebe mit Brennstoffzelle.

Und genau das ist letztlich die Idee von Unleash Future Boats, eine Firma zu gründen, die dann sagt: Wir bauen jetzt Schiffe, wir bauen Boote, die eben auf diese Art und Weise emissionsarm unterwegs sind, emissionsfrei möglichst, und auch noch autonom unterwegs sein können. Diese Firma haben Sie dann an einem bestimmten Punkt in Schleswig-Holstein angesiedelt, auf den man auch nicht sofort kommt, nämlich in…

Lars: Schleswig.

An der Schlei.

Lars: Richtig.

Stefanie: Ja.

Ein, ja, ein Fjord-Arm der Ostsee – das müssen wir für die Hörer von außerhalb von Schleswig-Holstein erklären. Aber wenn ich da eine Firma aufmachen will, auch noch Schiffbau – also ist dann Schleswig wirklich der richtige Standort dafür?

Stefanie: Ja, weil das ist eine Bundeswasserstraße. Und das weiß so gut wie, also die wenigsten Leute. Es ist eine Bundeswasserstraße. Es ist ein ideales Testgebiet, weil es einfach, es hat ein bisschen Schiffsverkehr, auch ein bisschen Wassersport. Also nicht nur der Schiffsverkehr, sondern auch anderen Wassersport, aber nicht zu viel. Und am Anfang ist es wichtig, erstmal zu starten und nicht gleich, nicht gleich sich in den Nord-Ostsee-Kanal zu legen, sondern wirklich da, wo das testbar ist, gerade die autonomen Systeme, dass man die trainieren kann und dann aber natürlich auch steigern kann. Also wenn man dann zum Beispiel in Schleswig anfängt, da ist relativ viel Platz würde ich mal noch sagen, wenn wir jetzt Richtung Arnis oder auch Schleimünde gehen, da wird es dann schon dichter. Und so kann man sich halt steigern und das System immer präziser machen.

Man hat allerdings auch bestimmte Voraussetzungen dafür, gerade wenn man über autonomes, maritimes Bewegen nachdenkt. Denn das braucht zunächst mal natürlich auch eine Form von Mobilfunknetz-Abdeckung, damit ich autonom unterwegs sein kann. Ich brauche in Wahrheit eine hohe Bandbreite, um Daten übertragen zu können.

Stefanie: Das wollen wir eben anders lösen. Also da sind wir dabei, dass wir das nicht über 5G machen, sondern dass die Entscheidungen auf dem Boot getroffen werden, so wie es auch das Auto macht. Und damit braucht man nicht diese große Bandbreite.

Also Sie verzichten auf das 5G-Netz und lassen das Fahrzeug selbst komplett sich navigieren. Das braucht dann Augen, Ohren und Sensoren, um sich mit Verkehren auseinanderzusetzen und auf dem Wasser klarzukommen. Und das funktioniert auch prototypisch schon? Kann man das irgendwo sehen? Gibt's da was, was man angucken kann oder ist das jetzt alles bisher nur eine Idee?

Lars: Jawohl, das kann man sich ansehen. Wir haben begonnen mit einem Proof of Concept bevor wir das Unternehmen selbst gegründet haben. Haben dann in dem Proof of Concept Systeme auf Booten installiert, gesehen wo sind die technischen Hürden auch, um das Ganze aus dem Automobil auf das Wasser zu bringen. Also das Fahrzeug auf dem Wasser bewegt sich natürlich ständig, das tut das Fahrzeug auf der Straße in der Form nicht. Das war quasi der Durchbruch für uns, als wir rausgefunden haben, wie wir dieses Problem lösen, wie wir diesen Beobachter stabilisieren können. Und daraus ist dann wirklich die GmbH-Gründung auch entstanden, weil wir dann damit weltweit auch einen Vorsprung hatten. Uns wurde signalisiert, mit diesem neuen Sensor-System haben wir einen Vorsprung, auch vor den Amerikanern, auch vor den Skandinaviern und mit der Wahl der Schlei ein ideales Testgebiet. Und daraus ist jetzt der Prototyp Zero One entstanden, der dieses Jahr jetzt auch im Wasser zu sehen sein wird, den wir dann ab diesem Jahr, ab Q2 auch auf der Schlei durch künstliche Intelligenz seine Umgebung kennenlernen lassen.

Der einfach nur so da rumfährt oder wie hab‘ ich mir das…Zero One heißt der?

Lars: Genau, Zero One ist der erste seiner Art. Er ist Zero Emission, Zero One full digital, verfügt bereits über Sensor-Grundausstattung, um sein Umfeld zu erfassen und er wird Aufgaben bekommen, er wird kontinuierlich trainiert.

Jetzt mal zur Größe, also Spielzeugboot oder kann da einer mitfahren oder wie ist das?

Lars: Ja, also Sie können vorbeikommen, sich draufsetzen. Er hat eine Plattform und ist insgesamt so konstruiert, dass wir ihn auch gut präsentieren können. Er ist drei Meter zehn lang, etwa zwei Meter breit, hat eine Plattform ein Meter fünfzig auf ein Meter fünfzig, hat 34 Kilowattstunden Energie, eine Reichweite rein elektrisch von Schleswig bis Kappeln hoch, vielleicht sogar Schlei-Münde, und ermöglicht uns, in der kompakten Art und Weise viel Technologie zusätzlich zu erproben und gleichzeitig aber auch an jeden Ort zu bringen, um zu demonstrieren, dass wir wirklich was haben und nicht nur ein Stück Papier. Er wird auch in Berlin zu sehen sein.

Stefanie: Genau, jetzt dann auf dem Green Tech Festival nächsten Monat.

Auf dem Green Tech Festival in Berlin.

Stefanie: Ja, in Berlin.

Im Jahr 2021.

Stefanie: Richtig.

Wer weiß, wann man das hier hört. Im Jahr 2021 auf dem Green Tech wird der Prototyp zu sehen sein und er wird dieses Jahr auch auf der Schlei selbst unterwegs sein.

Lars: Auf jeden Fall, auf jeden Fall.

Sie werden den Wirtschaftsminister als Besuch begrüßen müssen, weil das werde ich mir natürlich irgendwie nicht entgehen lassen, mir das mal irgendwie anzugucken.

Lars: Sie sind herzlich eingeladen.

Stefanie: Sehr gerne.

Das ist sehr schön. Da komme ich ja auch wirklich gerne, denn das ist ja ein herausforderndes Projekt. Also ich glaube, autonomes Bewegen ist sowieso auch noch, was Fahrzeuge, Straßenfahrzeuge angeht, noch nicht da, wo viele ihre Visionen irgendwo so abgebildet haben. Wir sind bei automatisierten Themen, wir können viele Sachen automatisiert, aber so richtig autonom, das braucht sicher noch seine Zeit. Und je interessanter die Elemente werden, wahrscheinlich am einfachsten eher noch in der Luft, wo man wenigstens nicht so viel mit anderen zusammenstoßen kann, aber mit einem weiteren Element mit Wasser, wird das Ganze dann auch noch hochinteressant, weil man da ja auch noch nicht nur mit Gegenverkehr und anderen, sondern auch noch mit einem bestimmten Element gegebenenfalls zu kämpfen hat. Das sind Dinge, die Sie alle dabei berücksichtigt haben. Jetzt frage ich mal: Eine Schiffbauer-Expertise hat ja von Ihnen aber keiner. Braucht es auch nicht, oder wie kommt sie dazu?

Stefanie: Die gibt's ja hier vor Ort in Schleswig-Holstein.

Das heißt, die kaufen Sie ein oder haben Sie sich ins Unternehmen geholt?

Stefanie: Wir haben es uns ins Unternehmen geholt. Wir haben Unterstützung von Moritz Gutzmann, das ist unser Schiffsbauingenieur, der uns da das Boot konstruiert und mit uns baut.

Lars: Darüber hinaus haben wir wirklich ein tolles Team. Wir haben auch Unterstützung aus Arnis und ganz vielen anderen Bereichen in Schleswig-Holstein. Also es sind über 20 Leute an dem Projekt involviert, etwa 11 Vollzeitkräfte, wenn man es umrechnet, die in der Unleash Future Boats GmbH integriert sind und die Kompetenzen zusammentragen. Und wir haben ein unglaublich starkes Netzwerk aufbauen dürfen in den letzten Jahren mit großen Unterstützern, wie zum Beispiel die Würth Gruppe, die uns auch nach Berlin eingeladen hat. Ganz viele Unterstützer auch aus Schleswig-Holstein, wie zum Beispiel Aqaforce oder auch CTM für Composite Materialien in Schleswig, die interessanterweise auch einen Partner in Nordrhein-Westfalen beliefern, der ein wahnsinnig tolles Produktionskonzept hat, Roboter-geschweißte Aluminiumboote. Da sind die Wege sehr, sehr engmaschig. Das ist total spannend.

Da hat man es in Schleswig-Holstein zu denjenigen nicht so wahnsinnig weit, die sich mit der Branche beschäftigen. Das ist das Schöne an diesem überschaubaren Land, dass man sie in Wahrheit kennt, dass man die Schiffbauer alle einigermaßen gut adressiert, wenn man sich in den Kreisen bewegt und dass man eigentlich einen schnellen und kurzen Draht halten kann. Wir sind eben nicht das allergrößte Land der Bundesrepublik und dabei aber eben auch ganz gut in der wechselseitigen Vernetzung. Ich muss jetzt trotzdem als Wirtschaftsminister natürlich nochmal fragen nach der Geschäftsidee. Nach dem: Wie finanziert sich das Ganze jetzt erst mal in dieser Phase eines Startups? Sie sind gegründet als Startup wann?

Stefanie: Letztes Jahr im September.

Lars: Genau.

Also jetzt sagen wir mal ein gutes halbes Jahr alt.

Stefanie: Genau, also…

Die Firma gibt es jetzt ein gutes halbes Jahr.

Stefanie: Die GmbH. Also das ganze Thema darum natürlich wesentlich länger.

Mit zehn, elf Mitarbeitern jetzt?

Lars: Richtig, also wir haben freie Mitarbeiter um das Projekt herum geschart. Wir haben ja schon seit einigen Jahren an dem Projekt gearbeitet, damals noch über Unleash Future als Inkubator und dann ab dem gewissen Reifegrad dann eine eigene Gesellschaft gegründet.

Und die finanziert sich wie?

Stefanie: Über ein Family-Office zurzeit noch. Wir sind allerdings auch im Fundraising dazu, um die großen Boote zu bauen.

Okay, also die nächste Finanzierungsrunde steht jetzt an?

Stefanie: Da sind wir mittendrin.

Denn der Kapitalbedarf dafür ist ja nicht so ganz gering, oder?

Lars: Richtig. Wir reden über Technologie, Hochtechnologie, digitale Technologie, aber eben auch Boote.

So eine Finanzierungsrunde, wie Sie sie betreiben, wie hab ich mir die vorzustellen? Sie können ja nicht einfach ans Internet schreiben: Pass mal auf, wir würden die nächste ganz große Finanzierungsrunde gerne mal machen. Sondern wie geht das? Wie funktioniert das in Wahrheit bei Ihnen?

Lars: Unglaublich viel Netzwerkarbeit. Man spricht mit den Leuten, die bekannt sind für Hochtechnologien, die Tech Venture Fonds, gleichzeitig aber auch das Sichtbarmachen der erbrachten Leistungen in der Folge ist auch ein wesentlicher Faktor. Auch der Prototyp ist ein Schlüsselfaktor, den sichtbar zu machen in Berlin und ganz klar in der Größenordnung und vor allem mit dem Reifegrad ist es das direkte Gespräch und das Netzwerk zu den großen Investoren.

Und die haben vor sich einen Finanzierungsbedarf bei Ihnen in der nächsten Runde von einer Größenordnung von, sagen wir mal so, wie?

Lars: Wir haben jetzt eine Finanzierung…Ja, genau, wir gehen in die nächste Finanzierungsrunde mit etwas über 15 Millionen Euro. Und damit werden wir die Boote in der nächsten Ausbaustufe in zwölf Meter volle Länge bauen mit dem Wasserstoffantrieb, werden aber auch unglaublich viel Assets aufbauen, wie natürlich die größere Werftanlage, die Firmenstrukturen und daraus dann auch die ersten Revenue Streams generieren.

Jetzt werden viele beim Zuhören sagen: 15 Millionen Euro, boah das ist aber viel Geld. Nein, das ist was, wo man sagen muss vor der Pandemie, kurz vor der Pandemie, war ich das letzte Mal im Silicon Valley, denn wir haben, das wissen Sie vielleicht auch nicht, aber wir haben ja eine Partnerschaft mit dem Silicon Valley. Das Land Schleswig-Holstein kooperiert mit einem Northern German Innovation Office in San Francisco mit einem der größten Venture Capitalists im Silicon Valley, mit „Plug and Play“. Und den Gründer habe ich treffen dürfen Ende 2019, der eine interessante Strategie übrigens bei seinen Invests hat, der jede Woche ungefähr 30 bis 50 Millionen Dollar investiert in unterschiedliche Dinge und dessen Strategie einfach auf den hübsch klingenden Satz zu reduzieren, ist „Spray and Pray“, wie er sagt. Mit einer breiten Streuung kommt auch viel zurück. Und er hat bis jetzt ein wirklich erfolgreiches Händchen dabei gehabt. Und da sind die ersten Finanzierungsrunden drei bis fünf Millionen Dollar, die zweiten Runden aber alle zwischen 30 und 50 Millionen Dollar. Was ist ein großer Stolperstein vor Ihnen jetzt noch, wenn Sie sagen: Das steht uns gerade im Weg bei dem größeren Ausbau. Wo hängt es gerade am meisten?

Stefanie: Ja, es ist diese Außenwirtschafts-Novelle. Die Bundesregierung hat ein Gesetz beschlossen, oder ist gerade dabei, ein Gesetz zu beschließen, das, wenn Investitionen in kritische Infrastruktur oder in kritische Startups gemacht werden, ab zehn Prozent Firmenanteile, dass die dann ein Vetorecht haben. Und das ist wirklich eine Sache, wo man das ganze Startup-Leben in Deutschland töten kann damit. Weil wir dadurch nicht mehr die ausländischen Investoren bekommen und daher kommt das Geld einfach grad.

Eine schreckliche Unattraktivität für ausländische Investoren, wenn sie wissen, dass ein Genehmigungsvorbehalt bei einem bestimmten Kapitalanteil dahinter gesetzt ist. Wir haben in der Tat dieses Gesetz auch gerade im Bundesrat gehabt. Das für Sie zurzeit echt ein Hindernis?

Stefanie: Das ist echt ein Problem, ja.

Weil internationale Investoren natürlich bei Ihnen besonders gucken.

Stefanie: Natürlich.

Lars: Absolut. Ohne diesen internationalen Wettbewerb ist das natürlich für die deutschen Großinvestoren CVCsäußerst interessant, wenn so eine Marktbarriere finanziell quasi aufgebaut wird. Für das Ökosystem in Deutschland ist das schlichtweg gefährlich, weil letztlich ist ein Unternehmen gezwungen, dann dahin zu gehen, wo das Geld ist. Und das wäre eine Abwanderung aus Deutschland. Und das kann ja nicht im Interesse der Bundesregierung liegen.

Ganz und gar nicht und auch nicht in meinem Interesse. Was kann ich noch tun? Was haben Sie für Wünsche an den Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein, um an der Schlei in Schleswig Unleash Future Boats noch viel größer und noch viel schneller auszubauen?

Lars: Das erste Tolle ist natürlich die Einladung heute zu dem Podcast, einfach das Ganze bekanntzumachen. Vielen Dank dafür. Dann aber auch das offene Ohr, was wir hier auch schon zu spüren bekommen. Nämlich die Probleme, die wir sehen, für nicht nur uns, sondern für alle anderen Startups, dort die Initiative zu ergreifen und zu sagen: Es gibt sicherlich clevere Lösungen, wie eine De-minimis-Erklärung, dass Unternehmen bis zu einem gewissen Volumen von 50 Millionen zum Beispiel nicht unter diese Novelle fallen. Sich dafür einzusetzen, dass es weiter so tolle Programme gibt wie Gateway 49, die uns auch über das Land Schleswig-Holstein jetzt unter die Arme greifen in Sachen Sichtbarkeit, aber auch eben in der Vernetzung.

Haben Sie eine Verbindung zu Gateway 49?

Lars: Ja, wir sind im Batch von Gateway 49 und freuen uns da sehr drüber.

Guck an! Das müssen wir jetzt erklären dem freundlichen Zuhörer. Wir haben in Lübeck einen Accelerator, der heißt Gateway 49, der gerade auch in diesem Logistik-Bereich und damit mit allen Mobilitätsthemen durchaus mit Schwerpunkt hat. Ein zweites Batch ist gerade gelaufen. Sie sind dann jetzt im dritten dabei?

Stefanie: Ja.

Lars: Richtig. Richtig. Und wir können bestätigen, dass es wirklich ein exzellentes Programm ist. Wir sind auch in dem Programm angegliedert, parallel in Duisburg und wir können aus der Erfahrung wirklich sagen, dass die Netzwerkstruktur insgesamt hervorragend ist.

Wenn man an der Stelle jetzt nochmal sagt: Okay, wir stehen jetzt in dieser Phase Finanzierungsrunde, ein paar Hindernisse gibt's auch. Wo steht Unleash Future Boats in fünf Jahren?

Stefanie: Da sind wir ein Einhorn (lacht).

Lars: Definitiv.

Was haben Sie sich vorgenommen? So richtig groß rauszukommen?

Stefanie: Ja.

Lars: Wir haben jetzt schon mit Großinvestoren gesprochen, die sich für die Finanzierungsrunde in zwei bis drei Jahren vormerken lassen wollten. Und wenn wir über die Ticket Volumina dort sprechen, dann ist klar, dass der Weg dorthin führt.

Wie ist denn Zero One eigentlich angetrieben?

Lars: Absolut elektrisch, mit einem Wasserstoffaggregat als Range-Extender. Etwas, was für uns eine Selbstverständlichkeit ist, wenn wir etwas bauen, wunderschön auf der Schlei, dann darf es natürlich nicht die Schlei zerstören und auch nicht jedes andere Gewässer.

Also der Elektromotor, aber in Wahrheit mit ner Brennstoffzelle.

Stefanie: Erstmal mit Batterien und die Brennstoffzelle kommt als zweiter Schritt. Aber ja.

Okay. Ein in der Schifffahrt ja bis jetzt überhaupt nicht so sich durchsetzender Antriebsstoff. Wir sind immer noch im Bereich LNG zurzeit unterwegs, also eher im Bereich von Flüssiggas, wo ganz viel schon gebaut wird oder wo auch große Motoren stattfinden. Aber im Wasserstoff-Bereich ist das noch relativ Neuland.

Stefanie: Ich glaube da muss man auch unterscheiden von der Größe der Boote. Wir haben eher die kleinen Boote, so acht bis 42 Meter und das ist einfach für viele nicht der Zielmarkt. Und das ist einfach so ein, ja, so ein Blindspot, den wir jetzt belegen und damit dann bestimmt erfolgreich sein werden.

Ein total spannendes Gespräch mit Stefanie und Lars Engelhard. Die Bayern, die nach technischen Studiengängen und über eine Karriere in der Automobilindustrie an die Schlei kommen, um hier autonome, emissionsfreie Schiffe zu bauen. Schön, dass Sie da waren. Ich glaube, spannende Menschen, die ein bisschen zeigen, wie viel Innovation, Modernität und Dynamik in einem Land wie Schleswig-Holstein steckt, auch wenn es Zugereiste sind, die das in diesem Falle hier bringen. Noch ein Wort zum Thema: Wie rekrutieren Sie das notwendige Personal in Schleswig? Ist das ein Thema oder ist das einfach?

Stefanie: Es ist bei uns relativ einfach. Wir kriegen fast jede Woche einen Anruf von Leuten, die bei uns arbeiten wollen, weil das Thema einfach so…

…Die gerne in den Norden kommen wollen. Dieser Werbefilm hat gleich ein Ende, das ist in der Tat. Aber wir müssen jetzt auch sagen, gerade in diesen Pandemie-Zeiten haben ganz viele Menschen das Gefühl, hier oben ist mit doch offensichtlich viel Wind von Nord- und Ostsee und doch auch ein bisschen mehr Platz als vielleicht woanders, wo das Leben durchaus lebenswert ist. Nicht umsonst stellen wir jedes Jahr im Glücksatlas, den die Deutsche Post in Auftrag gibt, fest, dass die glücklichsten Menschen der Republik in Schleswig-Holstein wohnen. Dazu gehören auch jetzt Lars und Stefanie Engelhard, die heute bei mir waren. Vielen Dank für das Gespräch. Zum Schluss stelle ich immer noch drei schnelle Fragen und wir müssen jetzt abwechselnd antworten. Ich beginne mit Frau Engelhard und frage Sie: Die besten Ideen habe ich…

Stefanie: … beim Joggen.

Mein liebster Ort in Schleswig-Holstein ist…

Lars: … an der Schlei.

Die Frage stelle ich Ihnen jetzt auch nochmal, Frau Engelhard.

Stefanie: Auch an der Schlei, Hauptsache am Wasser. Ich finde das entspannend.

Wenn Sie jetzt was anderes gesagt hätten, hätte das auch eher Probleme auslösen können. Am meisten inspiriert hat mich, Frau Engelhard…

Stefanie: Mein Vater, der war schon ein Visionär. Und er war Opa des Handys bei Siemens und er hat mich sehr geprägt.

Und bei Ihnen, Herr Engelhard?

Lars: Ernst Ulrich von Weizsäcker. Er hatte mich damals eingeladen, mit ihm ein Buch zu schreiben, mit dem Club of Rome. 2015, das war die Zeit, als ich aus dem Konzern ausgeschieden bin und die Zeit, ein Jahr mit dem IPCC zusammenzuarbeiten, mit dem Club of Rome sich über Nachhaltigkeit so intensiv austauschen zu können. Ich habe immer gerne mit Ernst Ulrich von Weizsäcker zusammengearbeitet.

Herzlichen Dank dafür, dass Sie da waren. Herzlichen Dank, dass Sie Schleswig-Holstein bereichern.

Stefanie: Danke für die Einladung.

Dass Sie so kreative, moderne, innovative Sachen in diesem Land machen. Mir hat es Spaß gemacht. Ich hoffe Ihnen beim Zuhören auch. Und wenn Sie wieder Lust haben, mit dabei zu sein, dann freue ich mich auch auf den nächsten Gast. Vielen Dank Ihnen.