"Bei uns steht aktuell die größte Elektrodenfertigung in ganz Europa"

Bernd Buchholz im Gespräch mit Dr. Stefan Permien und Marius Strack

Dr. Stefan Permien und Marius Strack sind Gründer und Geschäftsführer von UniverCell,einem Unternehmen, dass sich auf die Lithium-Ionen-Technologie spezialisiert hat. Mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz sprechen sie über den Weg in die Selbstständigkeit, weshalb sie den Fokus nicht auf die Elektromobilität legen und damit gegen den Strom schwimmen und was ihnen an ihrer Arbeit am meisten Freude bereitet.

 

 


 

 

Bernd Buchholz: Moin aus Kiel und herzlich willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts Echte Chancen. Mein Name ist Bernd Buchholz. Ich bin Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und in meinem Podcast begrüße ich Menschen, die auf eine Art und Weise innovativ sind oder etwas Neues machen. Heute sind Dr. Stefan Permien und Marius Strack, Gründer und Geschäftsführer des Start-ups UniverCell bei mir. Meine Herren, guten Abend.


Marius Strack: Hallo.


Stefan Permien: Schönen guten Abend.


UniverCell macht was?


Permien: Ja, UniverCell macht eigentlich was gar nicht so Besonderes, weil wir einfach nur Lithium-Ionen-Batterien und Elektroden herstellen. Das machen natürlich sehr viele Firmen auf der Welt, vor einigen in Asien. Und ich glaube, das Besondere ist einfach, dass wir das in Europa machen.


Massenfertigung für meinen Akku im Handy oder was sind das für Themen, die Sie machen?


Strack: Durch die Bank weg. Also unsere Kunden reichen vom stationären Speicher bis hin zum elektrischen Fliegen. Also der Anwendungsbereich ist dort eher spezialisiert auf Höchstleistung, höchste Performance, wo Qualität im Vordergrund steht.


Also Batteriezellen, die in der Tat was Besonderes brauchen, wo hohe Qualität und hoher Energiebedarf gedeckt werden muss, oder?


Strack: Genau, wo ein Benefit quasi in der Anwendung stattfinden muss. Bestes Beispiel ist da glaube ich der Akkuschrauber. Wenn der Handwerker zu Hause schraubt und muss nach, keine Ahnung, 15 Schrauben den Akku wechseln, weil er leer ist. Dort ist dann der Benefit natürlich die Lebensdauer. Also der Heimwerker möchte dann den Akku am Ende des Tages erst wechseln und überall dort, wo dann im Akkubetrieb ein Benefit generiert werden muss, kommen wir zum Einsatz und bieten unsere Leistung, unsere Zellen an.


Weil sie irgendetwas Besonderes können.


Permien: Genau, weil wir den Akku sozusagen maßgeschneidert für unsere Kunden herstellen. Jeder Kunde, muss man sich vorstellen, jede Anwendung ist ja irgendwie anders. Wenn wir zum Beispiel das Elektromobil nehmen, das soll eine besonders lange Reichweite heutzutage haben. Es wäre auch schön, wenn wir es besonders schnell laden könnten. Wenn wir jetzt weitergehen, vielleicht mal ins Haus. Wir haben Solarpanels auf dem Dach und wollen diese Energie speichern. Dann brauche ich auf einmal weder eine hohe Reichweite, also sprich eine hohe Energiedichte, noch muss ich das besonders schnell hinbekommen. Ich habe ja den ganzen Tag Zeit, das zu laden. Was ich dort brauche, ist aber eine besonders lange Lebensdauer. Das heißt, ich würde gerne natürlich, wenn ich mein Haus finanziere, gerne, dass der Akku dann auch zehn oder zwanzig Jahre hält. Also brauche ich sehr viele Zyklen und auch insgesamt eine lange Lebensdauer.


Das ist etwas, was sehr wichtig ist zum Verstehen Ihrer Branche, meine Herren. In diesem Batteriezellen-Produktions-Thema gibt es unterschiedlichste Anforderungen nach unterschiedlichsten Bedingungen. Wir reden in Wahrheit immer von Batteriezellen und denken immer klar, da muss möglichst viel Energie drin gespeichert sein und das muss am liebsten möglichst lange halten. In Wahrheit ist es aber so, dass die Anforderungen sehr unterschiedlich sein können, und das haben Sie ja gerade interessant klar gemacht, dass man sagt, so, also für das Wegspeichern von Energie aus dem Solarpanel kann es eine völlig andere Herausforderung geben. Was ist denn bei Batteriezellen eigentlich die physikalisch chemisch schwierigste Herausforderung?


Permien: Ja, da reden wir natürlich hier von der eierlegenden Wollmilchsau. Die gibt es natürlich in der Natur nicht und auch in den physikalischen, chemischen Gesetzen haben wir die natürlich auch nicht. Das heißt also, was wir können heute ist natürlich ein Akku, eine Batterie in eine bestimmte Richtung auszurichten. Das heißt also, ich habe so eine Art Parameter Set, und wenn ich jetzt eine Schraube drehe, dann ist es nicht so, dass die anderen stillstehen, sondern die drehen sich so ein bisschen mit. So muss man sich, glaube ich, das ganz gut vorstellen. Das heißt, wenn ich das Thema Schnellladen und hohe Energiedichte besonders nach oben drehe, dann leidet halt meine Lebensdauer.


Mir geht es jetzt wirklich nur um diese Anforderungssituation, damit wir den Hörerinnen und Hörern mal näherbringen: Batteriezellenproduktion ist nicht gleich Batteriezellenproduktion. Das ist was sehr Unterschiedliches was da stattfindet. Und sie machen es an einem sehr Customizing und an einem sehr kundenorientierten Bereich nach den direkten Wünschen ihrer Kundschaft. Jetzt kommt jemand zu Ihnen und sagt: Ich habe als Anforderung eben eine Lithium-Ionen-Zelle, die, was weiß ich, jetzt sagen wir mal, Haus-Energie wegspeichern soll, weil ich ein Solardach habe oder eine kleine Windkraftanlage oder eine Geothermie Anlage und ich habe deshalb Energie. Und da das nicht permanent und zyklisch, sondern zyklisch ist, will ich das irgendwie wegspeichern. Dem würden Sie jetzt sagen können, haben wir eine Standardbatterie, die wir Ihnen als Energiespeicher zur Verfügung stellen können oder müssen wir für Sie was entwerfen?


Permien: Ja, da ist unser Ansatz immer was zu entwerfen. Wir wollen das ja immer optimieren, sodass dann der Kunde natürlich möglichst die beste Batterie für seine Anwendung entsprechend hat.


Das klingt super, aber auch besonders teuer.


Permien: Ja, das klingt erst mal teuer und eine Entwicklung ist auch sicherlich nicht ganz günstig. Aber man muss ja sehen, dass da ein richtiger Benefit für den Anwender entsteht. Das heißt, wenn man die Batterien nicht nach drei oder fünf Jahren austauschen muss, sondern nach zehn oder zwanzig Jahren austauschen, da hat er ja einen Riesengewinn.


Sagen Sie mal ein bisschen was über Ihre Geschäftsfelder. Wo ist denn so ein Hauptgeschäft? Wir haben vorhin schon gesagt, in dem Bereich, wo am meisten drüber geredet wird im Bereich der Elektromobilität, da sind sie nicht. Warum nicht?


Permien: Weil wir als vielleicht auch junges Unternehmen den Markt unattraktiv finden. Das wird jetzt viele überraschen. Aber es ist zwar ein Wachstumsmarkt, ein riesiger Wachstumsmarkt. Von der Seite her ist es super attraktiv. Allerdings gibt es nichts Besonderes, sondern es ist meistens ein Massenmarkt. Es geht in der Regel um Preis und nicht um Leistung. Und unsere Stärke ist halt die Leistung, das Besondere, das Customizing. Und das wird dort aktuell nicht so stark nachgefragt. Auch aus dem Grund, dass ja viele große Player am Markt sich gerade auf diesen Automobilmarkt stürzen und fokussieren. Und dadurch tun sich auch in unseren Märkten dann enorme Lücken auf, wo wir reingehen. Und deshalb sagen wir: Okay, der Automotive-Markt ist nicht so spannend für uns, sondern wir gehen in alle anderen Märkte.


Das ist total nachvollziehbar, weil wenn sich da viele tummeln in diesem Markt, dann kann es einfach für ein Start-up, wie sie es sind, und UniverCell ist halt ein Start-up nach wie vor, dann immer noch so sein, oh Gott, wo die Großen sich alle tummeln, muss ich nicht sein. Die Nischen, die interessanten, die kleineren Bereiche sind auch gut, aber so kleine Nischen Bereiche sind das ja in Wahrheit auch nicht, die sie avisieren. Weil alles andere als Automotive ist ja schon bedeutsam. Wo ist zurzeit der größte Kunde, den Sie adressieren oder mit dem Sie sagen: Da bahnt sich gerade was an. Mich interessiert der Bereich. Wofür ist das gerade?


Strack: Es ist im Energiespeicher-Bereich, also dort als Strom Backup Versorgung auf einen Server.


Also das vorhin angesprochene Thema tatsächlich nach dem Motto: Speicherung von Energie, falls mal Strom ausfällt oder falls er nicht gewonnen werden kann. Gerade bei regenerativer Energie ist das ja ein Hauptthema. Fluktuierende Energiezufuhr führt nicht dazu, dass ich permanent Strom habe. In welcher Größenordnung reden wir da von Energiespeicherung? Also was ist da so die Einheit und wie groß muss so ein Energiespeicher sein?


Strack: Also im Eigenheim sind sie meistens fünf bis zehn Kilowatt groß, der Energiespeicher, der dann noch an der Wand hängen kann. Aber wenn wir dann über industrielle Anwendungen sprechen, sind wir dann schon im fast Megawatt Bereich.


Das heißt, das sind in Wahrheit Speicher, die regenerativ selbst erzeugte Energie wegspeichern und dann eben nutzbar machen für Zeiten, wo nichts produziert wird. Das ist ein Markt für Sie. Da sind Sie auch im Geschäft schon?


Permien: Genau. Wir sind natürlich im B2B Geschäft. Das heißt, wir verkaufen jetzt nicht an den Häuslebauer um die Ecke, sondern wir verkaufen unsere Zellen an denjenigen der erstmal einen Speicher daraus baut und dann entsprechend den dann im B2C Geschäft an den Häuslebauer verkauft. Und in diesen Bereichen sind wir im Geschäft, wo wir fertig sind mit der Entwicklung und jetzt in die Serienproduktion einsteigen.


Sagen Sie mal den nächstgrößeren Bereich, also Energiespeicher für Wohnen und Häuser. Was ist der nächste größere Bereich? Anwendungsbereich?


Permien: Ich denke mal, da muss man auf jeden Fall diesen Bereich Flurförderfahrzeuge mal erwähnen. Also der klassische Gabelstapler in der Vergangenheit ja viel mit Gas noch, wird nach und nach natürlich ersetzt durch Lithium-Ionen. Dort haben wir natürlich auch einen sehr, sehr spannenden Markt, der stetig wächst, weil Logistik brauchen wir auch.


Die Logistikbranche ist immer unterwegs und muss in der Tat auch für die Anforderungen von Lagertechnologie ganz viel machen. Und da sind sie auch im Geschäft inzwischen als Start-up.


Strack: Definitiv. Und da gibt es ja nicht nur den normalen Temperaturbereich. Kann man sich hier gut vorstellen. Ein Gabelstapler, der im Gefrierhaus fährt. Dort sind dann dementsprechend andere Umgebungstemperaturen, die Lithium-Ionen-Batterie aushalten muss, wo man dann den Temperaturbereich auch dementsprechend anpassen muss, dass es dort am besten funktioniert.


Jetzt muss man dazu sagen, dass ich sie schon mal besucht habe in Ihrer Firma und das ist jetzt als Start-up-Betrieb, muss man sich jetzt nicht so vorstellen, dass sie in der Garage arbeiten, sondern in Flintbek, in der Nähe von Kiel gibt es einen großen Produktionsort, wo auch eine Produktionslinie steht und wo sowas produziert werden kann und nicht eben klein.


Permien: Genau. Also bei uns steht aktuell die größte Elektrodenfertigung in ganz Europa. Das ist eine mehr als 70 Meter lange Produktionslinie, wo wir unsere Elektroden aktuell produzieren.


Die größte Elektrodenfertigung Europas beim Start-up UniverCell in Flintbek bei Kiel. Das hat jetzt niemand erwartet. Also, was ist so die nächste Größe? Wieso steht die bei Ihnen und nicht jetzt irgendwo bei einem, der im Automotive-Bereich unterwegs ist?


Strack: Ich glaube, weil wir typisch norddeutsch sind. Also wir reden nicht viel, sondern lassen eher unsere Taten dafür sprechen. Und ja, haben gute Investoren im Hintergrund und bauen das hier komplett auf.


Nun ist ein Start-up-Unternehmen manchmal in einer Phase, wo man sagt: Okay, also wir haben gute Investoren. Ich höre, die Finanzierung ist einigermaßen gesichert. Jetzt haben wir eine Produktionslinie da stehen. Nur Umsatz haben wir nicht. Ist denn der Umsatz inzwischen des Start-ups, so, dass man sagen kann: Also wir sehen ab, dass das tatsächlich auch ein erträgliches, ein einträgliches Geschäft ist? Oder ist es das schon? Sind sie schon break even oder wo stehen Sie mit dem Start-up?


Permien: Also letztes Jahr haben wir schon die ersten Euros verdient. Dieses Jahr wollen wir in den zweistelligen Millionenbereich reinkommen und das sieht auch aktuell sehr, sehr gut danach aus.


Was uns dazu bringt zu fragen: Gegründet worden sind sie noch nicht so vor allzu langer Zeit. Die Gründung von UniverCell hat wann stattgefunden?


Strack: 2019.


Also drei Jahre alt, sind sie?


Strack: Genau und aktiv in Flintbek seit 2020.


Aber sie sind nicht als völlig unbefleckte Unschuld in eine neue Firma eingestiegen. Sie kommen ursprünglich aus einer Forschungs- und Hochschuleinrichtung in Schleswig-Holstein oder kann man das so nicht sagen?


Permien: Genau. Wir haben beide vorher in einem Spin-off gearbeitet vom Fraunhofer ISIT in Itzehoe, wo wir auch wissen, dass dort in Itzehoe eigentlich schon seit 15 Jahren Batterieforschung betrieben wird. Und dort haben wir uns auch kennengelernt letztendlich.


Das muss man eben noch mal sagen, das fällt nicht vom Himmel in Schleswig-Holstein, dass dieses Thema Batteriezellenproduktion irgendwo in diesem Land stattfindet und dass da auch geforscht wird dran. Denn am Fraunhofer ISIT in Itzehoe gehört das zu den Standards seit vielen, vielen Jahren. Daraus gab es einen Spin-off, da waren sie auch dabei. Jetzt haben sie sich selbstständig gemacht vor drei Jahren. Das glaube ich, ist eine spannende Phase. Warum haben Sie sich denn selbstständig gemacht?


Permien: Also man muss schon sagen, dass wir sehr viel für die Automobilindustrie auch vorher gearbeitet haben in dem Unternehmen und einfach dort eher an Prototypen, an Musterbau aktiv waren, was eine sehr, sehr spannende Zeit war. Wir fanden es aber auch auf der anderen Seite immer ein klein bisschen schade, wenn Innovation dann nicht in die Serienproduktion oder in die größere Produktion gekommen sind.


Auf Deutsch Sie wollten so richtig in Wertschöpfung gehen und auch mal in Serienproduktion gehen und sagen: Wir wollen das Ganze mal richtig ausrollen. Und nicht einfach nur immer noch weiterentwickeln und Prototypen bauen, was ja einfach ein tolles Thema ist. Die größte Hürde beim Gründen eines neuen Unternehmens war für Sie?


Strack: Gebäude finden, also eine Immobilie finden, die für unsere Prozesse geeignet war.


Das Geld dafür war vorhanden?


Permien: Also man braucht sicherlich auch Investoren mit an Bord und die mussten wir natürlich auch am Anfang suchen. Bloß man muss auch sagen, dass es ein sehr, sehr spannendes Thema und dadurch sind da Investoren auch gut zu begeistern.


Das würde ich jetzt mal sagen. Das Auffinden von Finanziers war für sie nicht das Hauptthema?


Strack: Es war ein großer Bestandteil, damit unser Businessplan quasi aufgeht. Aber es waren nicht Key entscheidend, weil wir an unsere Kompetenzen geglaubt haben.


Und die Investoren offensichtlich auch. Also ein überzeugendes Businessplan-Modell, von dem man gesagt hat, dafür kriegt man auch tatsächlich Geld eingesammelt. Ist die Finanzierung jetzt ausreichend, um die nächsten Stufen des Unternehmenswachstums auch darzustellen?


Permien: Ja, inzwischen wachsen wir ein Stück weit organisch und das klappt sehr, sehr gut. Nichtsdestotrotz wollen wir natürlich unseren Standort auch noch weiter ausbauen und natürlich weitere Produktionskapazitäten. Und dafür kann ein Start-up immer Geld gebrauchen.


Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Sie inzwischen?


Strack: Aktuell sind wir 50.


50 Menschen?


Strack: 50 Mitarbeiter und stetig wachsend. Also jeden Monat kommen neue Personen mit hinzu.


Spielt eigentlich der Bereich Forschung und Entwicklung für Sie dabei jetzt eine Rolle oder für Sie eher das Thema: Eigentlich wissen wir von der Gentechnologie genügend, um jetzt zu sagen, wir wollen Serienproduktion, wir wollen Skaleneffekte produzieren, wir wollen in die Größe gehen?


Strack: Also Forschung und Entwicklung spielt schon ein großes Thema bei uns, weil wir auch Kunden haben, die mit einer Idee zu uns kommen. Das heißt, dass wir quasi die Forschung für sie, für das Unternehmen machen, um dann hinterher aus der Idee in die Serienproduktion zu gehen. Also bei uns die Nähe hier in Kiel zu den Hochschulen und Universitäten ist dadurch nur förderlich.


Sagen Sie mal so ein Beispiel, weil ich kann mir jetzt gar nicht vorstellen, wie einer zu Ihnen kommt und sagt, ich habe nur eine Idee und baut mir das Produkt dafür. Muss jetzt nicht konkret sein, sodass man es identifizieren kann. Nur dass ich mal eine Vorstellung davon habe. Wie, worum geht es dabei? Was heißt jetzt eine Idee?


Permien: Vielleicht kann man da was einfach mal was Besonderes nehmen. Zum Beispiel diese Flugtaxis, von denen ja hier und da mal gesprochen wird. Man muss sich ja vorstellen, die starten ja alle vertikal, das heißt, man braucht am Anfang ganz viel Energie, dann haben die so eine Art Flugphase, wo eigentlich nicht viel Energie gebraucht wird, und dann müssen die aber wieder landen. Das heißt also, die Batterie ist eigentlich schon fast leer und jetzt müssen wir vertikal landen. Das heißt, wir brauchen ganz am Ende, wo eigentlich die Batterie schon fast schlapp macht, noch mal ganz viel Energie. Das heißt eine absolute Spezialanwendung, was das Leistungsprofil für die Batterie angeht. Und jetzt kann man sich vorstellen, der Kunde kommt zu uns und sagt: Das ist mein Lastenprofil für die Zelle. Und jetzt bitte UniverCell einmal die richtige Zelle dafür entwickeln und produzieren in Serie.


Das ist herausfordernd. Das ist elektrisches Fliegen im Vertikalbereich mit der besonderen Herausforderung. Spielt sonst elektrisches Fliegen auch eine Rolle für Sie, gibt es da auch Antriebsfragen, Themen, die mit Ihren Produktionen zu tun haben?


Strack: Generell elektrisches Fliegen, auch Zertifizierung, Luftfahrtzertifizierung. Das ist ein großes Thema, wo die Industrie generell viel Wert drauf liegt, wo Transparenz einfach gezeigt werden muss in den Prozessschritten. Und dadurch, dass wir hier immer mit offenen Karten spielen, können wir genau sagen okay, woher kam das Material, wie wurde es prozessiert und was am Ende in welcher Zelle gelandet ist. Also das sind Benefits, die wir bieten können.


Alles Märkte der Zukunft, wo sie unterwegs sind. Alles Märkte für ein junges Start-up, das schon im zweistelligen Millionenbereich Umsatz macht. Jetzt sage ich mal der Standort Schleswig-Holstein, der ja mit Itzehoe irgendwie durch Fraunhofer ISIT und so die Kernzelle des Forschens und an der Hochschule eine Rolle gespielt hat, aber dann jetzt Flintbek bei Kiel heißt, Sie wollten Schleswig-Holstein treu bleiben. Hat das einen Vorteil unternehmerisch für Sie? Gibt es irgendwas, wo Sie sagen, das ist auch gut für uns? Oder hätten Sie genauso gut woanders hingehen können?


Permien: Na ja, wir sind selber so ein bisschen Wahl-Schleswig-Holsteiner. Dann haben wir natürlich hier in Flintbek bei Kiel die Nähe zu den Hochschulen, wo ja auch an Lithium-Ionen-Batterien geforscht wird. Das heißt also, dort gibt es auch natürlich eine natürliche Nähe irgendwo und dann sind auch unsere Investoren letztendlich auch aus der Region witzigerweise, und das macht das Bild dann irgendwie komplett.


Das allerdings ist auch was ganz Besonderes, dass die Finanziers, die Investoren, auch aus der Region kommen. Sie haben sich einen Pool von Unternehmerinnen und Unternehmern zusammengebaut, inzwischen muss man sagen, die aus der Region kommen, aber nichts mit ihren Themen eigentlich vom Grundsatz her zu tun haben, sondern gesagt haben: Mensch, das sind Jungs, das ist Technologie, was wir irgendwie wichtig und gut finden und die wir auch unterstützen wollen, auch finanziell. Da glauben wir dran, da gehen wir mit rein ins Invest. Ein allgemeines Nicken. Das kann man jetzt nicht hören, aber allgemeines Nicken. Zweiter wichtiger Bereich, der immer gefragt werden muss, ist fünfzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist ja keine Branche, in der man jetzt sagt: da können wir jeden nehmen. Also Fachkräftethema für Sie ein Problem Fachkräfte zu finden oder überhaupt kein Problem, weil junges Start-up, interessante Firma, guter Kontakt zu Hochschulen, alle Leute rennen euch die Bude ein.


Strack: Na also, so ist es nicht. Wir sind attraktiv. Interessant. Aber wir sagen immer: Okay, es gibt halt den Beruf, den klassischen Beschichter. Wir beschichten Folie. Das gibt es nicht in Elektroden Beschichter. Das heißt, jeder, der bei uns anfängt, startet, egal was er vorher gemacht hat, bei null und dann bilden wir halt selber aus. Also wir gucken, dass man das möglichst gut und ja genau erklärt bekommt, sodass wir die Prozesse dann gut fahren können.


Aber ein Ausbildungsberuf ist das nicht?


Strack: Noch nicht. Kann ja noch werden. Also aktuell ist der Markt ja am Wachsen. Bestimmt gibt es irgendwann Ausbildungsberufe im Batteriebereich.


Wo man sich fragt, was sind eigentlich das für Berufsbilder, die da gebraucht werden? Das Thema Beschichter bei euch, die also Elektroden quasi zusammenbauen, die entsprechenden Schichtung dafür. Das ist etwas, was man ja nicht aus dem Stand kann. Und ehrlicherweise ist halt die Frage: Braucht es dafür nicht tatsächlich einen Ausbildungsberuf?


Permien: Also langfristig macht es sicherlich Sinn auch in diesen Bereichen ganz gezielt Ausbildungsberufe zu etablieren. Bloß das dauert natürlich für ein Start-up auch viel zu lange. Das heißt also heutzutage gucken wir eher nach verwandten Berufen, also wenn wir bei dem Elektrodenbeschichter bleiben: Leute, die in der Papierindustrie vielleicht gelernt haben oder in einer Druckerei, die machen auch Rolle-zu-Rolle-Prozesse, also was ganz Ähnliches, grundsätzlich. Die haben auch ein Blick fürs Detail und das ist dann einfach spannend. Und so versuchen wir dann, die Leute sozusagen in dieses Puzzle einzubauen.


Witzig, dass also Druckereiausbildung für Sie beim Batteriezellenfertigen in Wahrheit auch ein Skill ist, wo Sie sagen: Ja, das ist eigentlich ähnlich, können wir gut gebrauchen. Der eine oder andere, der zuhört, kann sagen, ah da ergeben sich jetzt völlig neue Berufsperspektiven. Die sollte man in der Tat mal angucken, denn in diesem Bereich haben wir wirklich einen großen Rückenwindmarkt und ganz viel Bewegung nach vorne.


Permien: Genau.


Am Ende meines Podcasts und der Fragen, die ich stelle, gehören eigentlich immer so kurze Fragen, kurze Antworten und deshalb machen wir es jetzt im Wechsel und wir starten hier und sagen: Mein liebster Ort in Schleswig-Holstein ist?


Strack: Die Kieler Förde. Also die Kieler Innenstadt finde ich sehr, sehr schön.


Am meisten inspiriert hat mich?


Permien: Schon als Person irgendwo Elon Musk von Tesla. Einfach die Größe zu haben, das bis zum Ende durchzuziehen. Weil auch als Unternehmer weiß man, wie viele Steine im Weg sind, wie viel man da aus dem Weg räumen muss.


Und jetzt die beide nacheinander, bitte: Das Beste an meinem Job ist?


Strack: Die Abwechslung, den spannenden Markt mitgestalten zu können.


Permien: Ich liebe es einfach was aufzubauen. Also das macht mir am meisten Spaß, wenn ich sehe, es ist was entstanden oder wenn jetzt gerade ein neuer Kollege gekommen ist, der war zwei Monate in Elternzeit, der hat die Firma nicht mehr wiedererkannt. Das bringt mir Spaß.


Stefan Permien und Marius Strack haben UniverCell gegründet, etwas aufgebaut in Schleswig-Holstein, was es so vorher nicht gab. Europas größte Elektrodenbeschichtungsanlage, die in Flintbek bei Kiel steht, in einem aufstrebenden Unternehmen, das schon einen zweistelligen Millionen Umsatz macht. Schön, dass Sie da waren. Herzlichen Dank.
 

Strack und Permien: Vielen Dank.

 

Und ich freue mich, wenn Sie beim nächsten Mal wieder dabei sind und zuhören, wenn ich einen weiteren Gast begrüße bei Echte Chancen dem Podcast des Wirtschaftsministers von Schleswig-Holstein.