"Norwegen ist der größte Lachsmarkt weltweit was die Züchtung betrifft und diese Fische werden auf unseren Maschinen verarbeitet, bevor sie weltweit in den Handel kommen."

Bernd Buchholz im Gespräch mit Robert Focke.

Robert Focke ist Geschäftsführer des Lübecker Maschinenbauers BAADER. Mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz unterhält er sich darüber, wie sich BAADER zu einem führenden Unternehmen im Bereich der Fischverarbeitung entwickeln konnte, welche Rolle die Digitalisierung im Traditionsunternehmen spielt und welche Bedeutung die Ostsee für ihn hat.

 

 

 


 

 

Bernd Buchholz: Moin aus Kiel und Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts Echte Chancen. Mein Name ist Bernd Buchholz, ich bin Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und in meinem Podcast begrüße ich Menschen aus dem echten Norden, die mit Herzblut die Zukunft anpacken und gestalten. Wir sprechen über Erfolge und Perspektiven in Zukunftsbranchen in Schleswig-Holstein, über Chancen und Herausforderungen und natürlich auch darüber, was Unternehmerinnen und Unternehmer, was Macherinnen und Macher aus der Wirtschaft von der Politik erwarten. Heute ist mein Gast Robert Focke, Geschäftsführer der Nordischer Maschinenbau Rudolf Baader GmbH und Co. KG. Herzlich willkommen, Herr Focke!


Robert Focke: Ja, vielen Dank für die Einladung, Herr Dr. Buchholz.


Nordischer Maschinenbau Rudolf Baader. Das klingt nach einer Maschinenbau Firma und dahinter verbirgt sich was eigentlich?


Dahinter verbirgt sich eine Maschinenbau Firma. Das ist absolut richtig. Aber eine Maschinenbau Firma, die Maschinen und Lösungen für die Lebensmittelindustrie hat, insbesondere für die Fisch und Geflügel Industrie.


Und das heißt konkret, was für Maschinen bauen Sie denn seit 1919? Denn seit 1919 gibt es diese Firma schon.


Ja, wenn Sie Fisch oder Geflügel verarbeiten wollen, dann werden Sie um die Baader Maschinen nicht drum herumkommen. Wir sind ja einer der Hidden Champions in Schleswig-Holstein, wenn es darum geht, Produkte, einzigartige Produkte, die weltweit Anerkennung finden, zu produzieren. Also wir haben bei uns sämtliche Maschinen, die Sie benötigen, um aus einem Fisch, der gefangen wird oder gezüchtet wird, hinterher ein Fischfilet zu machen, was Sie dann wieder bei einem großen Retailer an der Fischtheke finden.


Das heißt, Sie bauen Maschinen, die das Filetieren der Fische, die das Endgräten, die das ganze Auseinandernehmen eines Fisches komplett maschinell gestalten.


Genau. Also alles, was Sie brauchen, ob es jetzt das Töten des Fisches ist, ob es das Schlachten des Fisches ist, ob es das Filetieren oder Enthäuten ist, das stellen wir her. Die Maschinen, die dafür notwendig sind, sowohl im Fischbereich als auch im Geflügelbereich.


Eine solche Aktivität im Jahre 1919 zu beginnen, wo im Zweifel ja Menschen da waren, die ansonsten per Hand wahrscheinlich filetiert haben. Rudolf Baader ist als Gründer, Familienunternehmer auf die Idee gekommen, das mit einer Maschine zu machen, oder wie habe ich mir das vorzustellen?


Also die Gerüchte, die ich gehört habe, sind, dass Rudolf Baader, der ursprünglich aus Dresden stammt, in Lübeck ein nettes Mädchen kennengelernt hat, dessen Vater eine Fischfabrik hatte. Und der hat dann quasi zur Bedingung gemacht, dass er ihn als Schwiegersohn akzeptiert, dass er sich mal eine Maschinenlösung doch für seine Fisch Verarbeitung überlegen sollte. Und da hat er zwei, drei Jahre letztendlich drüber gebrütet und dann hatte er die Lösung seinem Schwiegervater präsentieren können, wie auf seiner Maschinenlösung dann Fische geköpft und auch filetiert werden konnten.


Aber Fische sind ja völlig unterschiedlich groß. Fische haben teilweise völlig andere Formen. Das alles rein maschinell und am Anfang ja auch ohne Digitalisierung, also ohne Möglichkeit mit Sensorik Fische zu vermessen. Ganz am Anfang als reine Maschinenbau-Lösung. Wie muss man sich das technisch vorstellen?


Na ja, Sie müssen ja erst mal den Fisch vermessen, damit Sie letztendlich zwischen den verschiedenen Größen des Fisches unterscheiden können. Das ist dann mechanisch gemacht worden in früheren Tagen. Das heißt, es sind dann über Federn die mechanischen Komponenten benötigt worden, die dann die Einstellung machen, um den Fisch zu vermessen. Und danach sind dann die Messer ausgerichtet worden, auch wieder mit einer mechanischen Einstellung. Ich kann dazu sagen, dass die Menschen, die damals diese Maschine rein mechanisch entwickelt haben, schon so gut waren, dass wir heute mit aller Elektronik und Digitalisierung, die wir besitzen, nach wie vor große Anstrengungen machen müssen, um diese Ergebnisse, die damals mechanisch erreicht worden sind, heute dann mit Elektronik oder Digitalisierungsprodukten auch zu erreichen. Also eine hohe Kunst des Maschinenbaus, den die damaligen Mitarbeiter schon umgesetzt haben.


Wenn man es nicht selbst mal gesehen hat und ich habe es mal gesehen, dann ist es schwer vorstellbar, dass so mit Federn und solchen Dingen und dann ja in einer Geschwindigkeit, in der das menschliche Auge das gar nicht mehr nachvollziehen kann, weil wie viel Fische kann so eine Maschine in der Minute verarbeiten?


Also es kommt immer auf die Fischgröße und auch auf die Fischspezies an. Wir haben dann sogenannte Sattel-Maschinen. Das sind langsam laufende Maschinen mit ungefähr 30 Fisch pro Minute, die eine hohe Filet-Ausbeute machen, aber wir stellen auch Maschinen her für den Alaska Pollack, das ist dieser Fisch, der nachher in die Fischstäbchen reingeht, da sind wir schon bei 180 Fisch pro Minute. Und wenn wir uns dann den Herings Bereich anschauen, da arbeiten wir mit 400 Fisch pro Minute, wo jeder Fisch einzeln vermessen wird, damit wir eine optimale Filet-Ausbeute haben.


Das muss man sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen: 400 Fische pro Minute. 180 sind drei in der Sekunde. 400 das sind in einer Sekunde, ich sage mal, 7 oder 8 Fische, die da verarbeitet werden. Pro Sekunde. Da ist ja eine wahnsinns Geschwindigkeit. Und das sind Maschinen, die sie nur an Land dann nach dem Anlanden der Fische benutzen oder gegebenenfalls auch woanders?


Also wir haben Maschinen, die sowohl an Bord eingesetzt werden. Wir sind eigentlich der wichtigste Partner für die gesamte Fischindustrie an Bord, weil wir komplette Fabrik-Decks auf Fischtroller ausrüsten. Aber wir sind auch in der Lage neben dem Einzelmaschinengeschäft auch komplette Lösungen für die Lachsindustrie anzubieten. Wir haben jetzt in Norwegen mittlerweile drei, vier große Lachsfabriken komplett mit unserem Equipment von A bis Z ausgerüstet. Also Norwegen ist ja der größte Lachsmarkt weltweit was die Züchtung betrifft, ca. 1,1 Millionen Tonnen werden in Norwegen gezüchtet und diese Fische werden auf unseren Maschinen verarbeitet, bevor sie dann weltweit in den Handel kommen.


Baader ist Weltmarktführer. Das heißt auch seit 1919 und den drei Jahren, die Rudolf Baader gebraucht hat, um so Ideen zu entwickeln, permanente Weiterentwicklung dieser Konstruktion. Rein mechanisch am Anfang, aber immer auch weiterentwickelt, sodass man immer besser, immer schneller wurde und immer mehr auch besser verarbeiten konnte.


Ja, in der Regel ist der Nachfolger unserer Maschinen, die wir entwickelt haben, unsere eigene Entwicklung. Und das heißt, wenn wir eine Maschine fertig entwickelt haben, uns gerade darüber freuen, dass sie sehr gut am Markt sich etabliert, müssen wir sie am Tag danach wieder in Frage stellen und müssen uns überlegen, wo wir wieder neuen Kundennutzen generieren können, um den Kunden zu motivieren, dann eine Nachfolge Maschine von uns zu verzeihen.


Jetzt frage ich mal ganz doof, aber ein Kunde, der so eine Maschine hat, die hält ja ein paar Tage. Der sagt doch: Wunderbar, das ist doch ganz toll, damit kann ich doch wunderbar klarkommen. Ich habe Maschinen bei Ihnen in Lübeck gesehen, die waren schon ein bisschen betagter, funktionierten aber immer noch einwandfrei. Also man könnte auch sagen: Wieso? Funktioniert doch, muss man doch gar nicht weiterentwickeln.


Also es ist in der Tat so, dass wir nach wie vor Service und Ersatzteile liefern an Maschinen, die teilweise 50, 60 Jahre alt sind, was ja auch ein sehr attraktives Geschäft ist, also Service dort zu machen und Ersatzteile zu liefern. In der Tat, der Lebenszyklus unserer Maschinen ist mehr als 30 Jahre in der Industrie. Aber man darf ja eins nicht vergessen. Erstens ist es so, dass die Fischindustrie eine wachsende Industrie ist, wie der Food-Bereich generell. Wir haben ja die Situation, dass wir von 7 Milliarden Menschen heute auf 9 Milliarden ansteigen werden und alle Menschen brauchen etwas zu essen. So, das heißt also das Wachstum innerhalb der Lebensmittelindustrie oder in unserem Bereich ist um die 4 Prozent. Das heißt also, es werden immer mehr neue Lachsfabriken jetzt gebaut, wo dann der Bedarf an unserem Equipment ist.


Und das heißt für Sie als Weltmarktführer: Wie viele Mitarbeiter:innen sind da bei Ihnen beschäftigt insgesamt?


Also wir haben jetzt in der gesamten Baader Gruppe, und das umfasst Fisch und Geflügel, 1.500 Mitarbeiter:innen, wobei ungefähr 620 Mitarbeiter:innen am Standort in Lübeck sind. Und von den 620 Mitarbeiter:innen sind 120 Personen, die sich nur jeden Tag mit Forschung und Entwicklung beschäftigten.


Die anderen verteilt über die ganze Welt?


Die anderen verteilt über die gesamte Welt. Wir haben für den Geflügelbereich drei große Standorte, einmal in Amerika, einmal in Holland und in Dänemark. Wobei wir jetzt vor zwei Jahren das Headquarter auch nach Lübeck gezogen haben, und wir haben dann weitere Produktionsstandorte in Island. Aber der Hauptstandort, für den Fisch Bereich insbesondere, ist in Lübeck.


Immer noch ein Familienunternehmen seit 1919, jetzt geführt von Petra Baader. Digitalisierung spielt bei Ihnen im Unternehmen eine riesengroße Rolle, wie ich weiß. Jetzt frage ich mal für die Hörerinnen und Hörer: Was macht denn Digitalisierung bei einem Fischfiletierer? Wie habe ich mir das denn vorzustellen?


Also zunächst ist die Digitalisierung bei uns so wichtig, dass wir neben dem Fisch- und Geflügelbereich mittlerweile einen eigenen Geschäftsbereich gegründet haben, der sich nur mit Digitalisierung beschäftigt. Warum ist die Digitalisierung so wichtig für das Unternehmen? Wir sitzen mit unserem Produktportfolio genau in der Mitte des Gesamtprozesses. Vor uns ist in der Regel die Züchtung. Oder es ist letztendlich irgendwo der Fang. Das heißt also zu analysieren, was dort passiert, ist für uns sehr interessant. Nach uns sind die Retailer und die Endverbraucher. Was da passiert, interessiert uns auch. Was ist der Vorteil unseres Unternehmens, dass wir genau in der Mitte sind? Wir sind die ersten, die letztendlich irgendwo feststellen, ob der Fisch die gewünschte Qualität hat, wenn er gezüchtet worden ist, ob er Krankheiten hat, ob er zu groß ist oder zu klein ist und können damit ein wunderbares Feedback an den Farmer zurückgeben, ob er alles richtig gemacht hat oder ob er etwas verändern soll. Deswegen sind insbesondere für uns auch diese Zahlen und diese Fakten für die Digitalisierung wichtig, damit wir dort dann auch dementsprechend dieses zurückgeben können. Beim Endverbraucher und letztendlich auch beim großen Retailer sind natürlich auch die Kundenwünsche für uns sehr wichtig, weil wir über die Kundenwünsche natürlich auch wieder genau sagen können: Was muss eigentlich passieren, dass du im Farming-Bereich richtig aufgestellt bist? Deswegen sitzen wir mit unserem Prozess, und da haben wir ganz, ganz viele Daten allein durch unsere Maschinen, genau in der Mitte. Und deswegen ist die Digitalisierung für uns so interessant. Jeder Endverbraucher möchte aus meiner Sicht in fünf oder zehn Jahren genau exakt wissen, aus welchem „Smolt“, das ist im Grunde genommen der Ursprung eines jeden Lachses, sein Fischfilet entstanden ist, wie es aufgewachsen ist, wie es letztendlich irgendwo geimpft worden ist, welche Transportwege es hinter sich gebracht hat. Das sind alles Daten, die in der Zukunft einen Wert für den Endverbraucher haben werden. Und da wollen wir auf jeden Fall mit unserer Expertise mit dabei sein.


Und können Sie das heute schon so für den einen oder anderen Fisch tatsächlich nachvollziehen? Können Sie sagen, wo er herkommt? Können Sie sagen, wie er aufgezogen worden ist? Können Sie sagen, wann und wie er dann wo verarbeitet ist, bis er beim Endverbraucher landet?


Also wir sind in der Lage, heute diese Daten aufzunehmen, wenn wir dort mit den Farmern zusammenarbeiten und wir selbst mit unseren Maschinen verlieren während des Verarbeitungsprozesses nie das sogenannte Tracking des Fisches, sodass wir diesen Fisch von dem Zeitpunkt, wo er in die Fabrik kommt, bis er nachher ausgeliefert wird, komplett zurückverfolgen können. Wir liefern teilweise Fotos von den Innereien des Fisches, damit wir sicherstellen können, dass dort auch der Fisch gesäubert worden ist, dass er keine Krankheiten hatte. All diese Daten können wir heute schon digital zur Verfügung stellen und das wird auch von unseren Kunden nachgefragt.


Und das kann man sich ja auch vorstellen, denn man möchte als Verbraucher ja, wenn man gerne Fisch ist, auch gesunden Fisch essen und irgendwo auch das Gefühl haben, dass der auch gut behandelt worden ist, soweit man das sagen kann. Natürlich ist es gezüchteter Fisch. Es geht aber auch mit ihren Maschinen, durchaus auch mit Wildfisch in bestimmten Bereichen. Also es gibt jetzt nicht nur Zuchtfische bei Ihnen.


Nein, es ist also so, dass der gesamte Fischbedarf weltweit im Moment so 50:50 ist. Also 50 Prozent wird realisiert durch Zuchtfisch, die anderen 50 Prozent werden realisiert durch Wildfisch. Bei Wildfisch ist natürlich das Problem, dass sie, wenn sie die Netze hochholen, nicht genau wissen, was da für Fische drin sind, welche Größe sie haben. Da sind natürlich noch viel höhere Anforderungen an die Maschinentechnologie, weil dort ja dann in einer sehr kurzen Zeit entschieden werden muss, wie dieses Fischfilet verarbeitet werden soll. Und da ist ja auch der Ursprung des Hauses Baader. Da stammt unsere Expertise her, sodass wir dort eigentlich eine ganze Menge gelernt haben, wie ein Fischfilet optimal hergestellt werden kann.


Das ist ein faszinierendes, insoweit faszinierendes Thema, als aus einem Familienunternehmen, 1919 mit einer Idee gegründet, ein voll digitalisiertes Hightech-Unternehmen geworden ist, das heute für die Ernährungswirtschaft für die Welt eine riesengroße Rolle spielt und bei uns in Lübeck zu Hause ist. Herr Focke, jetzt frage ich mal etwas ganz anderes. Sie sind Industriekaufmann, glaube ich.


Ich habe mal eine klassische Industriekaufmannlehre gemacht bei einem wirklich schönen Unternehmen in Schleswig-Holstein, bei der Firma Codan in Lensahn.


Und wie kommt man dann zu so einem Maschinenbauer mit diesen Ambitionen und wird dann zum Schluss auch Geschäftsführer?


Also ich habe in dieser Firma ja die Industriekaufmannlehre gemacht und bin dann in dieser Firma aufgestiegen bis zum Personalleiter. Bin dann gewechselt als Personalleiter zu einer anderen Schleswig-Holsteinischen Firma der Firma Peter Wolters in Rendsburg, einem Maschinenbauunternehmen, was sich insbesondere in der Halbleiterindustrie tummelt. Ich bin dort dann als Personalleiter tätig gewesen, bevor ich dann den Ruf zur Firma Baader nach Lübeck bekommen habe und bin dann 1998 zu Baader als Personalleiter gegangen, habe dort dann irgendwann kurzfristig die kaufmännische Leitung übernommen und 2009 dann die Geschäftsführung übernommen mit einem Kollegen, der als CFO in der Unternehmung ist. Und was mich fasziniert hat, ist in welcher großen Geschwindigkeit, in welcher großen Präzision Baader Maschinen in der Lage sind, dieses Produkt zu verarbeiten, das war damals mein Motivationsgrund zu sagen, dieses Unternehmen muss ich besser kennen.


Also tatsächlich schon so ein bisschen die Maschinenbau Seite, die technische Seite daran, die ja auch total faszinierend ist, weil sie haben das vorhin en passant erwähnt. Baader ist jetzt nicht nur im Fisch filetieren unterwegs. Geflügel ist inzwischen ein riesengroßes weiteres Standbein und macht ganz viel des Umsatzes aus. Was ist denn da eigentlich das Thema? Was wird da vom Knochen getrennt? Frage ich jetzt mal.


Ja die Poultry- oder Geflügelindustrie hat erst einmal den Riesenvorteil, dass es eine reine Zuchtindustrie ist. Das heißt, sie sind nicht darauf angewiesen, den Fisch zu finden, sondern sie können das Geflügel nachzüchten, wenn der Markt es gerne haben möchte. Deswegen ist das Volumen einmal in der Geflügelindustrie größer und die Anforderungen letztendlich, wenn der Markt etwas braucht, sind einfacher zu realisieren als in der Fischindustrie. Deswegen ist es erst mal grundsätzlich eine sehr, sehr interessante Industrie. Die Anforderungen sind die gleichen. Sie wollen im Grunde genommen Lebensmittel haben, die auf dem Standard „animal welfare“ produziert worden sind. Sie wollen hygienisch saubere Produkte haben. Sie möchten eine vernünftige Rückverfolgbarkeit der Produkte haben und sie möchten am Ende des Tages eine hohe Lebensmittelsicherheit haben. Also die Anforderungen sind dieselben. Das Produkt letztendlich ist etwas einfacher, weil die Geometrie eines Huhnes relativ vorausschaubar ist. Das ist etwas anderes als im Fischbereich, wo die Geometrien des Fisches nicht so sehr vorausschaubar sind.


Herr Focke, wenn man so ein Unternehmen führt und ja, in der Tat, in Diskussionen mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern, mit den Menschen, ist nach dem Motto: Ist das eigentlich jetzt alles Massenzüchtung? Ist das so und so? Wir wollen das alles jetzt „animal welfare“, in der Tat, wir wollen, dass es den Tieren gut geht. Wir wollen aber eben diese tierischen Produkte auch verarbeiten können. Was ist die größte Herausforderung aus Ihrer Sicht in der Zukunft? Was werden Verbraucher erwarten von Ihnen in der Zukunft? Was müssen sie zukünftig verändern, verbessern, entwickeln, weiter erforschen, was wichtig ist, dass Sie am Markt eine auch weiterhin so große Rolle spielen?


Ich glaube, eine der wichtigen Faktoren ist die Lebensmittelsicherheit. Jeder möchte sichere Lebensmittel zu sich nehmen. Das heißt also, wir müssen versuchen, auch die Verarbeitung, die heute zum Teil noch per Hand passiert, weitestgehend zu eliminieren. Weil der Mensch und die Hand sind der größte Unsicherheitsfaktor, wenn es um Hygiene geht, wenn es darum geht, Lebensmittelsicherheit vernünftig umzusetzen. Das heißt also, wir müssen weiter versuchen, intelligente Lösungen für unsere Fischmaschinen oder Geflügelmaschinen zu entwickeln, die dazu führen, dass wir einen hohen Automatisierungsgrad erreichen, wenn es darum geht, Lebensmittel zu verarbeiten, dann können wir auch sicherstellen, dass dort auch eine entsprechende Lebensmittelsicherheit dann gegeben ist.


Ich war mit Frau Baader gemeinsam im Silicon Valley und wir haben uns interessiert, insbesondere auch angeguckt, wie auf der Basis von Proteinen in Wahrheit Lebensmittel produziert werden, die gar nichts mehr mit tierischen Lebensmitteln zu tun haben, sondern die quasi aus pflanzlichen Lebensmitteln bestehen. Frau Baader war völlig fasziniert und hat sich ganz viel in diese Richtung angeschaut. Ist das ein Weg, den man auch angucken muss, wenn man in einer solchen Branche ist wie Sie?


Auf jeden Fall, weil dieses sogenannte Cultured meat ist ja etwas, was in der Zukunft einen berechtigten Teil in der Ernährung unserer Landschaft miteinnehmen wird. Wir arbeiten da sehr erfolgreich und sehr positiv mit unserem Fraunhofer-Institut in Lübeck zusammen. Die beschäftigen sich ja insbesondere auch mit dem Züchten von Fischen aus Fischzellen, was ja für uns auch sehr interessant ist, weil es unseren Bereich betrifft. Und von der Seite her beobachten wir das genau. Wir versuchen dort auch dementsprechend für uns rauszubekommen, wo da unser Weg in der Zukunft ist. Und das ist etwas, was wir absolut auf unserem Radar haben und wo wir auch in der Zukunft überlegen, wie wir da in diesem Bereich dann eine entscheidende Rolle mitspielen können.


Herr Focke, welche Rolle spielt der Standort Lübeck außer historisch für Ihr Unternehmen?


Also der Standort Lübeck spielt jetzt wieder eine sehr positive Richtung, weil es dieses Fraunhofer EMB gibt, weil wir dort insbesondere auch die Möglichkeit haben, ähnlich wie unsere Kunden beziehungsweise kleineren Wettbewerber in Norwegen oder in Island ein Institut zu haben, das sich insbesondere mit dem Fisch auseinandersetzt. Und wir haben da sinnvolle Projekte. Wir gucken uns zum Beispiel den Stressfaktor in Fischen an, weil es klar ist: Je höher der Stress im Fisch ist, umso schlechter ist also die Fischqualität. Von der Seite ist es sehr, sehr positiv, dass es dieses Institut gibt und ich hoffe, dass wir da auch in den nächsten Jahren sehr attraktiv mit denen zusammenarbeiten können.


Ist es schwierig, Fachpersonal zu finden oder sind Sie eigentlich ganz gut unterwegs mit dem Recruiting, wie man das heute so schön nennt?


Also wir haben den Riesenvorteil, dass wir eben durch die Hochschullandschaft in Lübeck Leute rekrutieren können, wenn es darum geht, Konstrukteure zu finden. Wo wir mehr und mehr große Probleme bekommen, ist in der dualen Ausbildung Leute zu finden, gewerblich technische Berufe Bewerber zu finden dafür ist mittlerweile sehr, sehr schwierig geworden. Ich bin ja ein großer Befürworter der dualen Ausbildung, weil ich ja selbst ein Kind der dualen Ausbildung bin. Also von der Seite her müssen wir alles tun, auch in diesem Land, um die duale Ausbildung weiter zu forcieren. Wir müssen versuchen das eben duale Abschlüsse wie Meisterausbildung und so weiter auch so anerkannt werden wie ein Ingenieursstudium. Damit wir für junge Leute eben nicht nur diese universitäre Ausbildung forcieren, sondern auch die duale Ausbildung. Denn wenn wir keine Facharbeiter mehr bei uns haben, können wir unser Business nicht mehr betreiben.


Herr Focke, Vielen Dank für diese Einblicke in ein Unternehmen. Ein Traditionsunternehmen in Schleswig-Holstein, das ein voll digitales Unternehmen demnächst werden kann oder werden wird, das sich auf den Weg gemacht hat, all diese Entwicklungen nicht nur nachzuvollziehen, sondern führend zu sein. Seine Weltmarktführerschaft auch in anderen Bereichen, gegebenenfalls auch in ganz anderen Bereichen, indem man aus Proteinen oder aus Zellen von Fischen Fische züchtet, unterwegs zu sein. Ich glaube an ein Unternehmen mit einer ungeheuren Zukunftsperspektive, nicht nur einer großen Tradition, sondern einer riesengroßen Chance in der Zukunft. Schön, dass Sie bei uns waren. Zum Schluss eines solchen Podcasts machen wir immer noch drei kurze Fragen mit der Bitte um drei kurze Antworten. Die erste Frage heißt: Im Büro kümmere ich mich als erstes, um …


Die E-Mails zu checken, die über Nacht reingekommen sind.


Fisch esse ich am liebsten…


In der Tat, ich bin in Heiligenhafen aufgewachsen. Von der Seite her bin ich mit Fisch groß geworden. Freitags gab es immer bei uns Hering, frisch geholt direkt vom Kutter, von meiner Mutter, also von der Seite her bin ich ein großer Fischesser.


Die Ostsee bedeutet für mich…


Für mich: Wassersport. Ich bin, wie gesagt direkt an der Ostsee aufgewachsen und damit letztendlich groß geworden. Ich habe mein Schwimmabzeichen in der Ostsee gemacht, nicht im Schwimmbad, wie es heute irgendwo üblich ist. Also von der Seite her bin ich tief verwurzelt mit der Ostsee.


Ganz herzlichen Dank für Ihren Besuch und ihnen allen vielen Dank fürs Zuhören, tschüss und bis zum nächsten Mal, wenn ich einen neuen spannenden Gast aus Schleswig-Holstein im Podcast Echte Chancen begrüßen darf.